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Stadtratsrede zur Entschuldungskonzeption

Mittwoch, 20. Juni 2012

In der Stadtratssitzung stand die Konzeption zur Entschuldung des Leipziger Haushaltes zur Abstimmung im Stadtrat. Die FDP-Fraktion begrüßt die grundsätzliche Intention. Jedoch sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende Reik Hesselbarth, dass seiner Fraktion der Glaube an die Umsetzung fehle, weswegen die liberalen Stadträte der Vorlage nicht zustimmen würden. Die Rede im Wortlaut:

Die Vorlage suggeriert den ganz großen Wurf – eine schuldenfreie Stadt Leipzig in 25 Jahren.

Ein sinnvolles, wie auch notwendiges Vorhaben. Unsere Stadt hat aktuell eine Pro-Kopf-Verschuldung i.H.v. 1.400 EUR pro Einwohner.
Positiv gesehen: Wir liegen damit unter – zumindest von der Einwohnerzahl – vergleichbaren Städten: zum Beispiel Nürnberg oder Hannover.

Die andere Seite der Medaille ist aber die Frage der Leistungsfähigkeit. Kein Unternehmen bekommt ein Darlehen auf die Quote Verschuldung pro Mitarbeiter sondern auf die Frage der Tilgungsfähigkeit: Welche Leistungsfähigkeit hat das Unternehmen, um seine Schulden zurück zuzahlen? Und auch bei Kommunen müssen wir uns auf diese veränderte Bewertung einstellen. Und gemessen an unserem Steueraufkommen haben wir eine deutlich höhere Verschuldung als alle anderen aufgeführten Referenzstädte!

Darüber hinaus haben wir weitere Schulden in die LVV und die LWB ausgelagert – weitere 1,4 Mrd. EUR schlummern dort und müssen von den Leipzigerinnen und Leipzigern getilgt werden. Da sind die ca. 350 Mio. EUR Risiken bei der KWL noch gar nicht berücksichtigt.

Wir müssen also zwingend entschulden, um nicht Gefahr eines nichtgenehmigungsfähigen Haushaltes zu laufen.

Sehr geehrte Damen und Herren, unabhängig davon wird am Beispiel der Stadt Dresden klar, dass ein entschuldeter Haushalt einfach mehr Spielraum für Investitionen bringt: 70 Mio. EUR investieren die Kollegen allein dieses Jahr mehr. Und hier beginnen wir die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt aufs Spiel zu setzen: Generationengerechtigkeit – Dazu gehört nicht nur Entschuldung, sondern dazu gehört auch eine moderne Infrastruktur:

  • 600 Millionen Euro Sanierungsstau im Bereich der Straßen, Wege und Brücken
  • 500 Millionen Euro Sanierungsstau im Bereich Schulen und Kitas
  • ca. 250 Millionen Euro für notwendigen Schulneubauten

Hier wird das Dilemma der Haushaltspolitik deutlich: Woher sollen diese Mittel kommen? Dazu schweigt sich die Vorlage aus! Es wird ein Ziel formuliert, aber keine Wege dorthin aufgezeigt. Und die Glaubwürdigkeit einer Vision entsteht nur dann, wenn das Alltagshandeln dazu passt.

Aber im Gegenteil: Wir sehen in der aktuellen Politik des Oberbürgermeisters, dass gerade in einnahmestarken Jahren immer mehr ausgegeben wird. Was soll dann erst in wirtschaftlich schwierigen Jahren passieren? In der Kultur vergeben Sie, Herr Oberbürgermeister, die Chance auf Einsparungen. Bei dem Verkauf von HLkomm und perdata haben Sie, Herr Oberbürgermeister, durch eine verkorkste Vorlage ein verkorkstes Verfahren zu verantworten. Bei der dringend notwendigen Modernisierung der Verwaltung kommen Sie, Herr Oberbürgermeister, nicht voran: Die Verwendung der von uns erkämpften Mittel für den Einstieg in eine Verwaltungsstrukturreform verläuft äußerst schleppend. Und diese Liste lässt sich weiter fortführen.

Wo bleiben die Ansätze, um dieses ehrgeizige Ziel tatsächlich zu erfüllen? Ohne dies bleibt die Vorlage – ein an sich sinnvolles und notwendiges Vorhaben – ohne jede Realisierungswahrscheinlichkeit.

Herr Oberbürgermeister, um ein Entschuldungskonzept mit Leben und mit Nachhaltigkeit zu füllen, braucht es den Willen, umzusteuern. Es braucht den Willen strukturelle Änderungen herbeizuführen. Diesen Willen erkenne ich bei Ihnen nicht. Und deswegen wird meine Fraktion sich der Stimme enthalten und wir fordern die Vorlage einer Umsetzungsstrategie, wie wir im Verwaltungshaushalt in Zukunft Überschüsse erwirtschaften und diese für Investitionen und Schuldentilgung einsetzen können.

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